Montag, 28. Juli 2014

Der bipolare Neandertaler in der Eiszeit

Die Vorläufer der Neandertaler wanderten von einem gemeinsamen Vorfahren des modernen Menschen entstammend aus Afrika in den großen Teilen Mitteleuropas und Vorderasiens ein.

Eine genaue zeitliche Zuordnung der Ausbildung des Neandertalertypus ist noch in Bewegung, möglicherweise gab es Neandertaler in Mitteleuropa schon vor ein paar Hundertausend Jahren, sicher gab es den "typischen" Neandertaler ab etwa 130.000 Jahren.

In der Zuwanderungszeit aus Afrika herrschten in Mitteleuropa noch moderate Temperaturen, in der Ausprägungszeit des Neandertalers zu seinem typischen Habitus und geänderten Verhaltensweisen war Wetter und Nahrungsvorkommen  sicher deutlich von immer wieder kommenden und gehenden Eiszeiten und allgemein niedrigeren Temperaturen geprägt.
Da die Neandertaler aber in Mitteleuropa immer wieder zu unterschiedlichsten Zeiten gefunden wurden, hat genau dort seine starke Anpassung an Klima und die Verfügbarkeit von Nahrung stattgefunden.


Typische Funde zeigen wohl relativ sicher auf, dass die Neandertaler an bestimmten Jagdplätzen immer wieder auf die in die Winterweideregionen ziehenden Bisons und Mammuts warteten.

(Auf die je nach Region auch sicher vermehrte pflanzlicher Nahrung, möglicherweise auch kochend gewonnener pflanzlicher Ernährung deuten neue Forschungsergebnisse aus südeuropäischen Regionen)

Die letzten großen Fleischportionen in denen von den Eiszeiten geprägten Regionen gab es also dann über Jahrtausende im Herbst und nur wer mit den angesammelten Fettreserven auskam, überlebte den Winter.

Hier kam es als sich anpassendes Verhalten langsam zu Selektionsvorteilen, wenn im Winter Ruhe gehalten wurde (also weniger Fett verbrannt) und wenn weiterhin im Sommer so viel wie möglich Fett durch die Jagd eingelagert werden konnte.

Die genetischen Strukturen für "Winterschlaf" sind übrigens bei der Gruppe der Primaten, zu der wir ja auch gehören, vorhanden. Auf der Insel Madagaskar gibt es eine Lemurenart bei der eigentlich ein Trockenschlaf gehalten wird, weil die Tiere während der extremen Trockenzeiten ihren Stoffwechsel herunter fahren.
Weiterhin wurde vor kurzem im menschlichem Genom 2 Schaltergene entdeckt, die in direktem Zusammenhang zu Winterschlaf und Winterruhe stehen.

Dieses "Winterschlafverhalten" ist aber nicht erlernt, sondern wird wie bei allen jahreszeitlichen oder täglichen Strukturen über eine innere Uhr gesteuert. Diese innere Uhr hat oft nicht einmal einen genau 24 h Stunden Rhytmus, sondern wird immer wieder über einen externen Takter neu gestellt.
Auslöser kann die Lichtstärke (oder auch eine Mindestdunkelheit) und die Lichtdauer sein.


Bemerkenswert ist, dass hier durch evolutionäre Anpassung nicht nur Verhalten, sondern auch innere physiologische Zustände (Fetteinlagerung, Winterschlaf, Fortpflanzung, etc...) Hormonänderungen und einzelne Regelkreise synchron mitgesteuert werden mußten.

Winterschlaf (oder Winterruhe) war unter den vorherrschenden Bedingungen ein Selektionsvorteil für den Neandertaler der überlebensnotwendig war. Ob dieser Winterschlaf in der Gruppe oder einzeln erfolgte ist unbekannt.
Wahrscheinlich halte ich aber eine Winterruhe in der sozialen Gruppe und ausserdem deutlich statistisch vermehrt bei den weiblichen Artgenossen weil das für die Weibchen zu einem Selektionsvorteil führte.


Ein hypotetisches Jahr bei den Neandertalern sah demnach wie folgt aus:

Die Gruppe befindet sich in den Sommermonaten auf der Suche nach Jagdwild und und legt sich dabei langsam Fettreserven zu. Mit dem Beginn des Winters fällt die Gruppe in Winterschlaf oder Winterruhe.
Mit steigender Tageslänge wird die Gruppe wieder aktiv und muss jetzt in relativ kurzer Zeit die Energie und Nahrungsreserven für das ganze Jahr erbeuten.
Dazu gehört ein "Hochleistungsjäger", der permanent aktiv, mit wenig Schlaf, für unsere Verhältnisse sehr mutig den Sommer verbringt.

Das war dann am Morgen keine lockere Verabredung zur Jagd, sondern eine Gruppe ständig unter Hochspannung, aufgeputschtem Stoffwechsel und Antrieb stehende Gruppe.

Zur Jagd auf Großtiere wie das Mammut paßt ein Zitat: " dass die Oberarme des Neandertalers einen überaus großen Kraftgriff ermöglichten", der war sicher auch nötig, da die Neandertaler ihre eigentlich viel zu große Beute direkt mit relativ einfachen Waffen angingen und das Fleisch möglicherweise zerlegt und transportiert werden mußte.

Bei diesen Jagden war eine erhebliche Antriebssteigerung, selbstbewußtes, angstfreies, aggressives Verhalten notwendig. Ebenso mussten die Neandertaler bis an oder über ihre Stoffwechselgrenzen belastbar sein.

Der Selektionsdruck durch die strenge Umgebung war dann irgendwann so hoch, dass nur die Gruppen überlebten, in denen die intensivste Jagd und die optimalste Winterruhe stattfand und dieses irgendwann angeborene modifizierte Verhalten wie ein Automatismus verlief.

Der Neandertaler wurde dann mit weniger Tageslicht automatisch müde, reduzierte seinen Stoffwechsel, und dann im Frühling wurde mit der ansteigenden Lichtmenge ein Schalter umgelegt
und die Jagd begann.

Für die genetische Ausprägung entstand dabei nicht ein neues oder zwei neue Gene, die komplett für die Änderungen verantwortlich waren, sondern die eigentlichen Selektionsprozesse fanden parallel
an unterschiedlichsten schon vorhandenen Genorten statt.
Bei mehreren teilweise für ganz unterschiedliche Dinge zuständigen Erbinformationen führten zufällige Mutationen bedingt durch die extreme Umgebung zu einer Evolution in Richtung:

Steuerung der innere Uhr
Nutzen von Lichtstärkeänderungen als externem Schalter
Fetteinlagerung
Antriebssteigerung
kurzfristiger Belastungssteigerung
Aggresion
Wahrnehmungssteigerung bei der Jagd
Überstarkes Selbstbewußtsein
Antriebsminderung und Winterruhe
Hormon gesteuerter Winterstoffwechsel

Dabei bildeten sich 2 getrennte mit unterschiedlichen Genen und Regelhormonen ausgestattete
jeweils von der Lichtmenge induzierte Steuerkreise für das Jagdverhalten und die Winterruhe der Neandertaler heraus.

Mit dem Anlegen dieser beiden Steuerkreise wurde nach dieser Theorie die durch Anpassung und  Selektion bedingte genetische Grundlage für Manie (Jagd) und Depression (Winterruhe) gelegt.

Eine intensive Diskussion findet in einem späteren Post statt.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen